In seinem Buch „Etikette und Weitergabe“ schreibt Tamura Sensei: „Aikido kann man alleine, zu zweit oder in der Gruppe trainieren.“ Er hat uns auch einige sehr konkrete Hinweise hinterlassen, wie wir Aikido üben können, in dem wir allein unsere Imagination benutzen: „Man kann am Tisch trainieren, beim Laufen, auf der Arbeit, im Badezimmer …“ Er rät, seinen Meister vor seinem inneren Auge heraufzubeschwören – übrigens auch, wenn es um Entscheidungen des täglichen Lebens geht.
Man kann, schreibt Meister Tamura, auch alleine und im Freien trainieren. Hitori geiko wird dieses Prinzip genannt. An Techniken ist alles möglich von Atemübungen bis suburi. „Man kann auch Bäume als seine Partner benutzen. Macht eure eigenen Erfahrungen. Benutzt eure Fantasie und übt!“, rät Sensei.
Bei mir zuhause finde ich – wie vermutlich die meisten von euch – keine guten Trainingsbedingungen vor. Zu wenig Platz für ukemi, zu harter Boden für shiko. Weil ich aber jeden Tag mindestens eine Stunde mit meinem Baby (5 Monate) im Park spazieren gehe, nutze ich diese Zeit.
• Ich versuche zunächst meine Gedanken durch Atemübungen während des Laufens zur Ruhe zu bringen.
• Wie im Dojo nehme ein Thema vor: Gyaku hanmi, eri dori, tanto dori etc.
• An jedem Baum, den ich passiere, führe ich in Gedanken eine Technik durch.
• Entweder stelle ich mir vor, dass Sensei als Partner (aite) fungiert oder jemand aus dem Dojo (je nach Statur des Baums fällt mir jemand ein)
• Ich beginne immer mit den Haltetechniken katame waza (Ikyo, Nikyo etc.)
• Wenn meine Konzentration nachlässt (bei mir nach ca. 15 Minuten), mache ich eine Pause und fahre mit Atemübungen fort, danach starte ich von vorne oder wähle ein anderes Thema.
Wichtig ist, dass du dir die Technik von Anfang bis Ende in allen Details vorstellst. Das ist leider schwerer, als es sich anhört. Die Fantasie muss so konkret wie möglich sein und sollte möglichst viele Sinneseindrücke einschließen: Wie fühlt sich die Berührung an? Was höre ich? Wie geht mein Atem? Wo ist mein Schwerpunkt? Lasse ich die Schultern entspannt? Unter diesen Umständen und mit einer positiven Einstellung kann Mentaltraining sehr effektiv sein. Nagelprobe gefällig? Eine Übung, die ich in meinen Gedanken ausführe, dauert genauso lange wie in der Realität. Im Gehirn werden dieselben neuronalen Netzwerke aktiviert wie bei der realen Bewegung.
Hier noch ein paar Variationsmöglichkeiten:
• Du kannst den Baum berühren und die Schritte üben, während du dir vorstellst, was die Hände machen
• Je nach Wuchs des Baumes und seiner Neigung kannst du dir vorstellen, dass der Angriff eher stärker oder schwächer, ziehend oder schiebend ist
• Mit einer Gruppe von Bäumen kannst du dir vorstellen, jiu waza mit mehreren Angreifern zu üben (Wohin wirfst du? Ma ai)